Rekordhoch der US-Leitzinsen

von Steve Ruholl

2022 begann die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) die Zinsen massiv anzuheben. Wie mehrheitlich erwartet, erhöhte sie dann auch die Spanne für ihren wichtigsten Leitzins, die Federal Funds Rate, Anfang Februar um 0,25 Prozentpunkte. Zuvor hatte dieser Leitzins zwei Jahre unverändert bei nur 0,0 bis 0,25 Prozent gelegen.

Auch wenn die anfänglich großen Schritte in letzter Zeit kleiner wurden, so dürfte es jedoch nicht die letzte Zinserhöhung gewesen sein.

Hoffnung auf Ende der Zinserhöhung lässt die Kurse steigen

Der wichtigste Einflussfaktor auf die Kapitalmärkte in den vergangenen Wochen blieb die Zinspolitik der US-Notenbank. Die kleiner gewordenen Zinsschritte hatten die Hoffnung geschürt, die Fed könne bald aufhören, ihren Leitzins zu erhöhen. Und so klopfte man die Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell auf mögliche optimistische Sichtweisen ab. Rasch interpretierten Marktteilnehmer seine Rede als weniger falkenhaft, so dass die Kapitalmärkte sogar noch einmal Kursgewinne erlebten.

Die EZB agiert erwartbar

Die Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank (EZB) um 0,50 Prozentpunkte und die Ankündigung, dass es nicht die letzte war, entsprach den Erwartungen. Die Einlagefazilität wurde auf 2,5 Prozent angehoben, der Hauptrefinanzierungssatz auf 3,0 Prozent und der Spitzenrefinanzierungssatz auf 3,25 Prozent.

Beiderseits des Atlantiks gibt es keine historischen Vorbilder für einen so raschen und starken Anstieg der Zinsen. Das Ausgangsniveau war ungewöhnlich niedrig, sodass die rasche Abfolge der Zinserhöhungen und ihre zumindest phasenweise ungewöhnliche Schrittgröße die Märkte besonders stark trafen.

Die Bekämpfung der Inflation bleibt zentrales Thema

Sollte die für dieses Jahr erwartete Konjunkturschwäche weniger dramatisch ausfallen als erwartet, müssen die Notenbanken umso stärker die Inflation bekämpfen. Auch der in der ersten Monatshälfte steigende Ölpreis bestärkte Inflations- und Zinssorgen. Mehrheitlich war ein stärkerer Rückgang der Teuerung erwartet worden. Dies bremste insbesondere Technologieaktien, die empfindlicher auf steigende Zinsen reagieren.

Wie es den Aktien geht

Aber nicht nur von der volkswirtschaftlichen Seite gerieten Technologie-Aktien im Februar unter Druck. Auch die Verlautbarungen einiger großer US-Tech-Konzerne selbst veranlassten Investoren, sich von ihren Aktien zu trennen. Bei Apple, Amazon und Alphabet reagierten die Börsen mit Kursverlusten auf die Nachricht, dass das Umsatz- und Gewinnwachstum das hohe Niveau der vergangenen Jahre zumindest aktuell nicht halten kann. Dagegen überraschte Meta (Facebook) Anfang Februar und der Kurs machte die Verluste seit Sommer vergangenen Jahres wieder wett. Gegenüber den Rekordkursen aus dem Spätsommer 2021 zeigt sich der Aktienkurs allerdings immer noch halbiert.

Eine mit Kreide an eine Schultafel gezeichnete Waage. Darüber ein Prozentzeichen. Auf einer Seite der Waage zeigt ein grüner Pfeil nach oben - auf der anderen Seite ein roter Pfeil nach unten.

Das Auf und Ab der Zinsen hat weltweite Auswirkungen.

Fed Funds Rate

Der Fed Funds Rate ist der stark beachtete Leitzins der US-amerikanischen Notenbank Federal Reserve. Dieser Zins wird im Gegensatz zu den sonst üblichen Leitzinsen nicht als exakt feststehender Zinssatz fixiert, sondern als Bandbreite von 25 Basispunkten (Hundertstel eines Prozents). Es ist das Zielband für den kurzfristigen Geldmarktzins, der sich durch Angebot und Nachfrage zwischen den US-amerikanischen Banken für „overnight credit“ ergibt, also für kurzfristige Liquidität, die von einem auf den nächsten Tag bereitgestellt wird.

Mit solchen „Übernacht-Krediten“ stellen sich Banken auf dem sogenannten Interbanken-Geldmarkt untereinander Gelder zur Verfügung, um Unterdeckungen auf ihren Zentralbankkonten zu vermeiden und die vorgeschriebene Mindestreserve zu erfüllen. Üblicherweise müssen Banken und Sparkassen in den USA jeweils 10 Prozent der bei ihnen als jederzeit fällige „Sichteinlage“ gehaltenen Kundengelder als Mindestreserve halten.

Warum betrachten wir den Federal Funds Rate? Der Interbanken-Geldmarktzins variiert in Abhängigkeit von den Größen „Angebot“ und „Nachfrage“ und wird deshalb als tatsächliche oder effektive Federal Funds Rate bezeichnet. Sollte dieser kurzfristige Geldmarktzins die von der Fed vorgegebene Bandbreite verlassen, greift die Notenbank mit sogenannten Offenmarktgeschäften ein. Das heißt, sie kauft oder verkauft in großem Umfang Geldmarktpapiere, wodurch sich der Marktzins wieder in das Zielband bewegt.

In anderen Ländern ist es üblich, dass die jeweilige Notenbank bestimmte Zinssätze festlegt, zu denen sich Banken Liquidität bei ihr beschaffen können, so beispielsweise der Haupt- und der Spitzenrefinanzierungssatz der Europäischen Zentralbank (EZB) oder klassische Diskontsätze.

Wenn nun die Fed Funds Rate erhöht wird, werden kurzfristige Interbankendarlehen für Banken teurer. Die Bereitschaft und Fähigkeit der Kreditinstitute, Kredite zu vergeben, sinkt. Die höheren Zinsen werden in Form steigender Kreditzinsen an die Darlehensnehmer weitergegeben.

Fazit

Obwohl ein steigender Leitzins selbst ein kurzfristiger Geldmarktzins ist, werden nicht nur Kontoüberziehungen und Dispositionskredite, sondern auch Konsum- und Investitionskredite mit längeren Laufzeiten teurer. Dann stellen Privathaushalte insbesondere größere Konsumanschaffungen zurück und für Unternehmen rechnen sich Investitionen weniger. Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage sinkt, womit auch die Inflation wieder fallen sollte. Gleichzeitig ist Geldpolitik eine Gradwanderung, denn zu starke (Leit-)Zinserhöhungen drohen ganze Volkswirtschaften in eine Rezession zu führen.

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