Zinsen und Aktien rauf, Anleihen runter

von Steve Ruholl

Noch im September waren angesichts hoher Inflationsraten die Hoffnungen auf eine weniger restriktive Geldpolitik der Notenbanken geschwunden. Viele Aktienindizes waren auf die tiefsten Werte seit 2020 gefallen. Weil die Börsen einen starken Rückgang erwartet hatten, kam es zunächst zu einem Kursrutsch.

Doch die Aktienmärkte erholten sich diesmal recht schnell von den Inflationszahlen. Die Aussicht auf weitere Leitzinserhöhungen verlor an Schrecken, zumindest an den Aktienmärkten.

Steigende Zinsen und fallender Anleihenmarkt

An den Rentenmärkten setzte sich der Anstieg der Zinsen fort. Tritt nach so langer Niedrigzinsphase ein Zinswechsel ein, dann verlieren jene Anleihen an Wert, deren Festzins niedriger als der aktuelle Marktzins ist.

Dass die Rendite bei US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit und die Renditen der Anleihen auf dem europäischen Markt erstmals seit der Finanzkrise 2008 wieder Höchstwerte erreichen, führt zu Kursverlusten an den Anleihemärkten.

Turbulent ging es vor allem bei britischen Anleihen zu. Die Pläne von Premierministerin Liz Truss, die Steuern massiv zu senken, fielen an den Kapitalmärkten durch. Der neue britische Premier Rishi Sunak dürfte als ehemaliger Investmentbanker über mehr Kompetenz in wirtschaftlichen Fragen verfügen.

Die Aktienmärkte profitieren

Der populäre Dow Jones Industrial Average Index in New York stieg von seinem Jahrestief Ende September um gut 10 Prozent, der westeuropäische Euro-STOXX-50 ebenso. Auch der deutsche Leitindex DAX konnte sich in diesem Zeitraum um etwas mehr als 10 Prozent erholen.

In Tokio überwogen im Oktober die Kursgewinne. Allerdings fiel der Anstieg der Aktienindizes geringer aus als an den meisten westlichen Börsen. Der Nikkei-225-Index stieg nur um gut fünf Prozent.

International fielen vor allem die chinesischen Aktienmärkte durch ihre anhaltende Schwäche auf. In Hongkong fiel der Hang Seng Index auf den tiefsten Stand seit der Finanzkrise im Jahr 2008. Die fortschreitende Umwandlung Chinas zu einer Ein-Mann-Diktatur von Präsident Xi Jingping beschleunigt den Rückzug internationaler Investoren.

Der Dollar sank

An den Devisenmärkten stoppte der Aufwärtstrend des US-Dollars. Nachdem der Euro zum US-Dollar in der letzten Septemberwoche auf den tiefsten Stand seit 20 Jahren gefallen war, stabilisierte sich die europäische Gemeinschaftswährung. Schon in den ersten Oktoberwoche gab es eine Erholung bis zur Paritätsmarke von eins zu eins. In der letzten Oktoberwoche war ein Euro dann wieder mehr als ein US-Dollar wert. Ein weitreichender Anstieg des Euro ist aber nicht zu erwarten, solange der Zinsvorteil für den US-Dollar spricht und Europa unter dem russischen Angriffskrieg leidet.

Eine Ölpumpstation im Sonnenuntergang
Erdöl wird an Bedeutung für die Weltwirtschaft verlieren.

Die Bedeutung des Öls

Auch wenn Öl in der Weltwirtschaft noch eine große Rolle spielt, gilt es doch inzwischen als Auslaufmodell und hat den Zenit seiner Bedeutung schon vor Jahren überschritten. Die Zeiten, in denen große Ölkonzerne unter den wertvollsten Konzernen zu finden waren, sind vorbei. Trotzdem gehören die Aktien der Branche zu den wenigen, die im laufenden Jahr an den Märkten hohe Kursgewinne verzeichnen konnten.

Angesichts des Klimawandels ziehen sich allerdings zunehmend mehr Investoren vollständig aus Unternehmen der fossilen Energiewirtschaft zurück.

In diesem Jahr war es zunächst die Sorge vor einem Angriff Russlands auf die Ukraine, die den Preis steigen ließ, gefolgt von der tatsächlichen Invasion. Kurzzeitig wurde im März ein Rekordölpreis von mehr als 130 US-Dollar pro Barrel erreicht. Als dann ab Juni erkennbar wurde, dass die Weltwirtschaft in eine Rezession abrutschen würde, begann der Ölpreis Richtung 90 US-Dollar zu sinken. Um diesem Trend etwas entgegenzusetzen, beschloss die OPEC+, die Ölförderung um bis zu zwei Millionen Barrel pro Tag zu drosseln. Tatsächlich beendete der Ölpreis seinen Abwärtstrend und näherte sich wieder der Marke von 100 US-Dollar pro Barrel.

Fazit

Sind die Bestandsanleihen mit geringen Zinsen in absehbarer Zukunft verarbeitet, wird sich der Anleihemarkt wieder glänzend zu präsentieren wissen. Auch der Ölpreis bleibt in den nächsten Jahren ein wichtiger Faktor für die Weltwirtschaft. Aber nachhaltig ist der starke Anstieg der Öl-Aktienkurse eher nicht.

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