Sommerbericht und Abschied aus China

von Steve Ruholl

Nachdem die US-Notenbank Mitte Juni ihren wichtigsten Leitzins ein zweites Mal in diesem Jahr erhöhte, setzte sich zunächst die Hoffnung durch, die Phase rasch aufeinanderfolgender hoher Zinsanhebungen sei vorbei. Und weil die Geschäftsergebnisse und Ausblicke der meisten Unternehmen noch sehr gut ausfielen, darunter bei den Indexschwergewichten Apple und Amazon, setzten die Börsen zu einer Sommer-Rallye an.

Doch diese war, auch wenn der Aktienmarkt nach dem verlustreichen ersten Halbjahr danach lechzte, leider nicht von Dauer.

Amerika und Europa

Der Dow Jones Industrial Average erholte sich in den zwei Monaten bis Mitte August – drehte dann aber wieder nach unten. Der Nasdaq-100-Index stieg im gleichen Zeitraum sogar um 24,3 Prozent, konnte damit aber nicht die zuvor eingefahrenen Verluste wettmachen.

Auch wenn die Kursgewinne für sich betrachtet als hoch einzustufen sind, gelang es der Sommer-Rallye nicht, den übergeordneten Abwärtstrend zu brechen.

In Europa kamen neben den hohen Inflationszahlen noch konjunkturelle Risiken hinzu, weil Russland Gaslieferungen reduzierte oder stoppte und die Preise für Energie explodierten.

Von der Europäischen Zentralbank (EZB) wird mehrheitlich im September wieder eine große Leitzinserhöhung erwartet, nachdem einige EZB-Ratsmitglieder die Notwendigkeit betont hatten, die Inflation energisch und entschlossen zu bekämpfen.

Diese Aussichten belasteten nahezu alle Aktienmärkte weltweit und besonders wieder jene Aktien, die stärker von den Zinsen abhängig sind.

Chinas Einfluss

Auch im Reich der Mitte sind die Zeiten zweistelliger Wachstumsraten vorbei. Die wirtschaftliche Entwicklung birgt inzwischen mindestens so viele Probleme wie Chancen. Im zweiten Quartal dieses Jahres schrumpfte Chinas Wirtschaftsleistung um 2,6 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Selbst die erwartete Erholung nach der Pandemie blieb aus. Chinas Wirtschaft stagnierte mit einem Plus von 0,4 Prozent praktisch.

Verantwortungsvolle Investoren können politische Aspekte nicht ausblenden, da diese immer mehr zum Belastungsfaktor werden. Die Wirtschaftspolitik mit autokratischen Ländern wie China, die der Philosophie „Wandel durch Handel“ lange folgte, ist gescheitert.

Nachdem der Nationale Volkskongress 2018 entschied, die Amtszeitbegrenzung für Präsidenten aufzuheben, befindet sich China mit Xi Jingping auf dem Weg in eine Diktatur mit einem „Präsidenten auf Lebenszeit“. Während immer mehr unliebsame Parteimitglieder und Konkurrenten Xi Jingpings entmachtet werden, häufte die Familie des Präsidenten ein Vermögen von mehreren hundert Millionen Dollar an, wie 2014 Offshore-Leaks enthüllte. Demokratiebewegungen wurden gewaltsam unterdrückt, gewählte Abgeordnete ausgeschlossen, und territoriale Ansprüche im südchinesischen Meer immer massiver betont. So wird die „abtrünnige Provinz“ Taiwan häufiger zum Ziel militärischen Provokationen.

chinesischer Drache beleuchtet bei Nacht
© Foto: Rod Ramsell on unsplash.com
Der chinesische Drache bleibt unberechenbar.

Wer angesichts dieser Entwicklung „Business as usual“ verkündet, droht in den nächsten Jahren von der Entwicklung in China ähnlich negativ überrascht zu werden wie kürzlich in Russland. Eine Rücksichtnahme auf die Interessen ausländischer Investoren gibt es nur, solange sie den Zielen Pekings dienen.

Von deutschen Fondsmanagern waren jüngst warnende Stimmen bezüglich China zu hören: „Aus Anlegersicht ist die Frage nach dem attraktiveren Markt leicht zu beantworten. Hier hätten eindeutig die USA die Nase vorn“, erklärte beispielsweise Frank Fischer von der Shareholder Value AG kürzlich im Gespräch mit „Das Investment“. China habe in den vergangenen Jahren einige wirklich „klasse Geschäftsmodelle wie Alibaba und Tencent“ hervorgebracht. Aber als Investor helfe es ihm ja nicht, wenn sein schönes Unternehmen plötzlich durch staatliche Reglementierungen gegängelt oder zerschlagen werde.

Fazit

Reine China-Fonds sollten, wenn überhaupt, vorsichtig und nur als kleinere Depotbeimischung eingesetzt werden. Fondsmanager, die global investieren dürfen, können die Risiken besser streuen.

Lassen Sie sich im Zweifel von Ihrem HIC – FinanzConcepter beraten oder nutzen Sie die Möglichkeit, direkt online einen Termin zu vereinbaren: jetzt Termin buchen.

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