Kleiner Fehlstart der Aktienmärkte

von Steve Ruholl

Die Konjunkturerholung scheint sich weltweit fortzusetzen. Es zeichnet sich zudem ab, dass Lieferengpässe sich auflösen und dass Pandemiebeschränkungen ein Ende finden. Wie kommt es nun, dass der heutige Blog einen so pessimistischen Titel trägt?

Trotz der optimistischen Aussichten erlitten die Aktienmärkte in den ersten Wochen des neuen Jahres hohe Kursverluste.

Wie kann das sein?

Das Programm der Fed

Die US-amerikanische Notenbank Fed entscheidet über ihre Zinspolitik im sogenannten Offenmarktausschuss. Die mit einer Verzögerung von wenigen Wochen veröffentlichten Protokolle dieser Sitzungen werden von Marktbeobachtern sehnsüchtig erwartet, denn sie geben einen Einblick in die Themen der Ausschusssitzungen, ihren Verlauf und die vorgetragenen Argumente.

Bis Ende Dezember 2021 herrschte die Erwartung vor, die Notenbank werde ihre bislang sehr lockere Geldpolitik über einen längeren Zeitraum behutsam ändern. Doch dann kam die erste Januarwoche und die Fed veröffentlichte das Protokoll der vorausgegangenen Sitzung. Dieser Moment ließ viele Investoren schockierte zurück.

Es zeigte sich, dass die Mitglieder des Offenmarktausschusses eine schnellere Wende der Geldpolitik diskutiert haben. Die Leitzinserhöhungen könnten schneller erfolgen und höher ausfallen. Zudem wurde bereits thematisiert, die hohen Anleihebestände der Fed wieder abzubauen. Dies würde durch Verkauf der Anleihen geschehen, was dem Kapitalmarkt Monat für Monat viele Milliarden Dollar entziehen würde.

Die Anleihemärkte aber verkrafteten den Gegenwind der Fed recht gut und verzeichneten insgesamt Renditezuwächse.

Die Technologiewerte unter Druck

An den Aktienmärkten löste die veränderte US-Geldpolitik verstärkte Umschichtungen aus Technologie- und Wachstumsaktien in sogenannte Substanz- und Value-Werte aus. Außerdem drückten Sorgen um einen möglichen Angriff Russlands auf die Ukraine die Stimmung.

Prominentestes Beispiel der aktuellen Verlierer ist wohl Netflix. Der Streamingdienste gab bekannt, dass sich das Kundenwachstum abschwächt. Daraufhin verlor die Netflix-Aktie über 20 Prozent ihres Wertes. Viele hoch bewertete Technologie-Aktien aus der zweiten Reihe verloren sogar mehr als 30 Prozent ihres Wertes.

Unter der allgemeinen Lage am Tech-Markt litten natürlich die Kurse der Fonds, die auf Technologie-Aktien spezialisiert sind.

Das überschätzte Wachstum

Um solche Kurseinbrüche zu verstehen, bleiben wir kurz beim Beispiel Netflix: Der Börsenwert des Streaming-Konzerns verringerte sich mit der Meldung zur Neukundenentwicklung schlagartig um rund 50 Milliarden Dollar. Nicht etwa, weil Netflix in die roten Zahlen gerutscht wäre und auch nicht, weil Netflix nicht weiterwachsen würde. Einziger Grund ist, dass das Wachstum nicht mehr so hoch ausfällt wie erwartet. Dies zeigt ein erhebliches Risiko bei Wachstumsaktien, das zu oft von vielen ausgeblendet wird. Wachstum schwächt sich stets wieder ab. Die Frage lautet immer nur, wann setzt dieser Prozess ein?

Auch die Börsengeschichte zeigt, dass die langfristigen Wachstumsperspektiven großer Konzerne immer wieder gerne überschätzt werden. Erinnert sei an die Aktien des Konzerns SONY in den 1980er-Jahren oder das New Economy Ende der 1990er.

Leider strahlt die Schwäche der Technologie-Aktien auf den Gesamtmarkt ab: Verschreckte Anleger verkaufen Aktien, bei denen noch Buchgewinne bestehen. Oder sie verkaufen Index-ETFs, was alle Aktien unter Druck bringt, die im Index enthalten sind.

Die aktuelle Entwicklung zeigt aber auch den Wert des aktiven Fondsmanagements und der Risikostreuung. Risiken sollten mittels Fonds sowohl geografisch als auch nach Sektoren breit angelegt sein.


© Photo by markus spiske - unsplash.com

Manchmal kann Wachstum Fragilität erzeugen.

Fazit

Ob der jetzige Kursrückgang bei Technologie-Aktien eine Kaufgelegenheit oder der Beginn einer anhaltenden Bewertungskorrektur ist, bleibt letztendlich abzuwarten. „Buy the Dip“, der Rat, jeden Kursrückschlag für Käufe zu nutzen, war in den vergangenen Jahren richtig, kann jetzt aber gefährlich sein.

Lassen Sie sich gerne umfassend beraten und kontaktieren Sie unsere HIC – die FinanzConcepter®.

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