Keine Sommerrallye 2022
Die Sommerrallye 2022 war schneller beendet als erhofft.
Die Hoffnungen, dass die Notenbanken ihre Leitzinserhöhungen bald verlangsamen könnten, war schon in der zweite Augusthälfte kleiner geworden. Einerseits traten die Sorgen zu Inflation, Rezession und einer Eskalation internationaler Konflikte vorübergehend in den Hintergrund. Andererseits klammerten sich die Anleger hoffnungsvoll an jede Meldung, die nachlassenden Inflationsdruck versprach.
Was macht Amerika?
Der nur leichte Rückgang der Inflation in den USA wurde mit großer Enttäuschung aufgenommen. Mehrheitlich erwartet worden war ein Rückgang auf 8,1 Prozent, der nicht erreicht wurde. Die US-Notenbank FED signalisierte, ihre restriktive Geldpolitik zur Inflationsbekämpfung fortzusetzen.
Viele Aktienindizes fielen auf die tiefsten Werte seit dem vierten Quartal 2020. So unterschritt der Dow Jones Industrial Average an der New York Stock Exchange (NYSE) das bisherige Jahrestief und mit dem S&P-500 fiel auch der zweite viel beachtete Aktienindex auf den tiefsten Stand seit zwei Jahren.
Europa und die Folgen der Aggression
Angesichts der russischen Aggression leiden die europäischen Börsen noch stärker. Der Euro-STOXX-50 fiel deutlich unter die Werte vom Juli. In den letzten Septembertagen sackte der Leitindex der Eurozone ab. Auch der DAX unterschritt das alte Jahrestief in der letzten Septemberwoche klar.
Blick in die Zukunft
Noch im Sommer hoffte eine Mehrheit an den Börsen darauf, dass es in den USA keinen stärkeren Wirtschaftsabschwung gibt und die Rezession in Europa milde ausfällt. Doch geht man inzwischen beiderseits des Atlantiks von einer Schwächephase aus, die zu einem Rückgang der Wirtschaftsleistung und somit auch der Unternehmensgewinne führen wird. Die Börse wird zwar irgendwann ein Ende der Rezession vorwegnehmen und die Aktienindizes steigen lassen, aber wann und wo dieser untere Wendepunkt liegt, ist noch nicht erkennbar.
Die Tatsache, dass Russland als zukünftiger Partner am Energiemarkt ausfällt, lenkt Kapital aus dem Euroraum in die USA, was die Veränderung der Wechselkurse zwischen beiden Währungen widerspiegelt. Die europäische Gemeinschaftswährung fiel auf den tiefsten Stand seit 20 Jahren.
Die Inflation bekämpfen
Nach vielen Jahren, in denen die Inflation besiegt zu sein schien, kam sie in einem Ausmaß zurück, welches die meisten überrascht hat. Überrascht wurden die Aktien- und Anleihemärkte, die mit hohen Kursverlusten reagierten. Überrascht wurden auch die Notenbanken, deren vorrangige Aufgabe der Erhalt der Weltwertstabilität, also die Bekämpfung der Inflation ist. Auf den starken Anstieg des Preisniveaus im vergangenen Jahr reagierte man zunächst zurückhaltend. Es handele sich um einen „vorübergehenden Inflationsbuckel“. Diese Auffassung erweist sich rückblickend als fatale Fehleinschätzung. Statt eine beginnende Inflation frühzeitig bekämpft zu haben, laufen die Notenbanken ihr nun hinterher.
© Foto: Charlotte Venema on unsplash.com
Wann scheint die Sonne wieder über der EZB?
Mit einer raschen Folge großer Leitzinsanhebungen soll der rasante Preisanstieg eingefangen werden. Die Absicht: Wenn sich Kredite durch höhere Zinsen verteuern, sitzt das Geld nicht mehr so locker. Das gilt gleichermaßen für Privathaushalte bei ihren Konsumausgaben wie für Unternehmen bei ihren Investitionen.
Dass Zinserhöhungen die ohnehin bedrohte Konjunkturentwicklung belasten, müssen die Notenbanken schweren Herzens in Kauf nehmen. So sieht die Deutsche Bundesbank in ihrem aktuellen Monatsbericht an der Preisfront keine Entspannung. Dort heißt es: „Die angekündigten Maßnahmen des dritten Entlastungspakets, etwa zur Gasumlage oder Strompreisbremse, werden sich wohl erst Anfang des nächsten Jahres in den Verbraucherpreisen niederschlagen. Die Inflationsrate dürfte unter dem Strich in den nächsten Monaten in den zweistelligen Bereich vorrücken.“ Die Länder, die sich über Jahrzehnte von billigen Energielieferungen aus Russland abhängig gemacht haben, allen voran Deutschland, sehen sich nun größten Problemen gegenüber.
Fazit
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Lage entwickelt. Auch Preisobergrenzen zur Entspannung sind unter Fachleuten umstritten. Viele Investitionsexperten plädieren eher für eine angemessene Steuer- und Geldpolitik als für das Bürokratie- und Kontrollmonster einer Preiskontrolle.
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