Einbruchdiebstahl – was zu beweisen wäre

von Steve Ruholl

Man kennt sie wohl – die Szenen von unauffälligen Taschendieben, die das Opfer durch geschickte Manöver ablenken und ihr schändliches Tun verbergen wollen.

Genauso verhalten sich auch viele Einbrecher. Sie versuchen nicht nur unentdeckt zu bleiben, sondern auch ihre Taten möglichst lange zu vertuschen. So werden Lagerräume nach dem Diebstahl wieder verschlossen oder Zäune wieder geflickt. Da fällt es manchmal schwer zu beweisen, dass überhaupt eingebrochen wurde.

Leider kein Einzelfall

2019 gab es zwar so wenige Einbrüche in Büro- und Lagerräume wie lange nicht, aber 93.000 Fälle wurden immer noch verzeichnet. Einer dieser Fälle lag nun dem Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig vor, das entscheiden musste, wie weit die Beweispflicht für Versicherungsnehmer bei Diebstahlsdelikten geht. Der Versicherer hatte seinem Kunden in diesem Fall Täuschung vorgeworfen, da keine direkten Einbruchsspuren zu finden waren.

Quod erat demonstrandum

Der geschädigte Gartenbauunternehmer hatte Fahrzeuge und Werkzeuge in einer verschlossenen Lagerhalle abgestellt. Eines Tages stellte der Unternehmer fest, dass ihm Fahrzeuge und Werkzeuge im Gesamtsachwert von rund 30.000 Euro fehlten. Der Gartenbauer erstattete Anzeige wegen Diebstahls und meldete den Schaden bei seinem Versicherer. Dieser aber verweigerte die Zahlung. Seiner Ansicht nach war der Diebstahl vom Unternehmer vorgetäuscht worden. Daraufhin klagte der Unternehmer gegen den Versicherer.

Das Landgericht Göttingen gab der Klage erstinstanzlich statt und verurteilte den Versicherer zur Zahlung. Der Versicherer legte vor dem OLG Braunschweig Berufung ein, hatte aber auch dort keinen Erfolg. Das OLG erklärte in seiner Urteilsbegründung, dass dem Versicherungsnehmer bei Diebstahl eine Beweiserleichterung zugutekomme. Grundsätzlich ist bei Diebstählen nur ein Mindestmaß an Tatsachen zu beweisen, die den Schluss auf Entwendung zulassen. Die Beweisführung für Versicherungsnehmer ist deshalb grundsätzlich erschwert und eine Beweiserleichterung notwendig, da Diebe naturgemäß unentdeckt bleiben wollen. Das notwendige Mindestmaß an Tatsachennachweis habe der Unternehmer erbracht, so das Gericht.

OLG Braunschweig, Urteil vom 08.07.2020, Az.: 11 U 151/19

Achten Sie auf den Abstand!

Was der Argumentation des Versicherers entgegenstand war, dass sich über dem Tor in vier Metern Höhe eine 30 Zentimeter breite Lücke befand. Ein Sachverständiger war selbst im Rahmen der Begutachtung zu der Lücke in vier Metern Höhe hinaufgeklettert und hat dadurch nachgewiesen, dass auch Diebe durch die Lücke einsteigen konnten. Sie hätten dann das Tor von innen öffnen und die Fahrzeuge sowie die Werkzeuge aus der Lagerhalle schaffen können. Anschließend hätten sie das Tor wieder zugezogen, um ihre Tat so lange wie möglich zu verbergen.

Der Versicherer hingegen hat dem Gericht nicht nachweisen können, dass der Diebstahl nur vorgetäuscht worden sei, so das OLG. Auch kann er sich nicht wegen grober Fahrlässigkeit leistungsfrei stellen. Die Lücke über dem Tor war zwar bekannt, aber auf einer Höhe von vier Metern und mit einer Breite von lediglich 30 Zentimetern handelte der Unternehmer nicht grob fahrlässig, als er nichts gegen die Lücke unternahm. Der Versicherer muss den Schaden begleichen.

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Natürlich versuchen Einbrecher Spuren zu vermeiden.

Fazit

Eine Versicherung kann jeden Schaden, der gemeldet wird, bezahlen und bei berechtigten Ansprüchen muss sie das auch. Gleichwohl hat sie zum Schutz der Versichertengemeinschaft eine Schadenabwehrpflicht gegenüber unberechtigten Forderungen.

Nur manchmal ist die subjektive Sicht auf die Dinge unterschiedlich und dann muss ein Gericht entscheiden, was wohl die objektive Wahrheit ist. Nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) liegt der jährliche Schaden durch Versicherungsbetrug in der Schaden- und Unfallversicherung zwischen 4 und 5 Milliarden Euro. Die direkte Folge von Versicherungsbetrug sind steigende Preise für Versicherungspolicen. Und wenn Versicherungen dem entgegenwirken, tragen sie schließlich dazu bei, die Beiträge möglichst stabil zu halten.

Natürlich möchte auch eine Versicherung Gewinn erzielen. Wenn Schäden und Ausgaben für Verwaltung und Vertrieb das Prämienaufkommen aller Versicherten übersteigt, dann erhöht die Versicherung einfach die Versicherungsbeiträge. Daher ist die Schutzfunktion, unberechtigte Schäden möglichst abzuwehren, ein gutes Instrument, denn an steigenden Prämien dürfte wohl kein Versicherter interessiert sein.

Ihr FinanzConcepter® kann Sie detailliert über Versicherungsverträge aufklären und umfassend beraten.

 

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