Verlieren die USA den Handelskrieg?

von Steve Ruholl

Die Kapitalmärkte standen im April unter dem Eindruck der von US-Präsident Trump entfachten Handelskonflikte. Die am 2. April verkündeten Zusatzzölle stützten sich auf krude, willkürliche Berechnungsmethoden und fielen viel höher aus, als von den Märkten erwartet worden war.

Trumps selbsterklärter „Tag der Befreiung“ geriet damit zu einer handelspolitischen Kriegserklärung an den Rest der Welt.

Heute werfen wir einen Blick auf die Auswirkungen des Wirtschaftskrieges.

China reagierte zügig, aber im Gegensatz zu den USA sehr kalkuliert mit Gegenmaßnahmen, welche die US-Wirtschaft empfindlich treffen. Beim Versuch, den Schaden für die USA zu begrenzen, änderte Trump daraufhin seine chaotische Zollpolitik nahezu täglich. Ein Großteil der Zusatzzölle wurde ausgesetzt, auch gegen China.

Weniger Wachstum und steigende Preise

Während die Hoffnung auf ein rasches Scheitern und damit ein Ende der trumpschen Zollpolitik die Börsen stabilisierte, machte der Präsident der US-Notenbank, Jerome Powell, auf die Folgen aufmerksam: weniger Wachstum, steigende Preise und mehr Arbeitslose in den USA.

Dass Trump als Reaktion Powell und die Unabhängigkeit der Notenbank öffentlich angriff, führte zu weiteren Kursverlusten. Allerdings musste Trump auch in diesem Punkt einen Rückzieher machen und erklären, er verlange nicht Powells Rücktritt.

Mit Blick auf die sich abzeichnenden Schäden durch den Handelskonflikt mit China behauptete Trump, dass man bereits Gespräche mit China über die Zölle führe. Dies stellte sich aber als Lüge heraus.

Die Wall Street reagierte Anfang April mit einem Kurseinbruch auf die von Trump verkündeten Zusatzzölle.

Verkaufswelle bei US-Staatsanleihen

Weitaus besorgniserregender als auf die Kurseinbrüche an den Aktienmärkten wurde eine Verkaufswelle bei US-Staatsanleihen registriert. In Reaktion auf Trumps „Tag der Befreiung“ erlebte der Anleihemarkt die stärksten Kursverluste seit Jahren. Dies löste Sorgen um die Fähigkeit der USA aus, ihre immense Staatsverschuldung noch bedienen zu können.

Während sich für die USA die Aussichten für Inflation und Konjunktur selbstverschuldet verschlechterten, dürfte in der Eurozone wenigsten die Inflation unter Kontrolle sein. Im Gegensatz zur US-Notenbank konnte die Europäische Zentralbank ihre Leitzinsen weiter senken. Allerdings belastete die aggressive Zollpolitik von Trump auch außerhalb der USA die Konjunkturaussichten und damit ebenso die Aktienkurse. Der Deutsche Aktienindex DAX erholte sich derweil von dem Kurseinbruch, den Trumps Zusatzzölle ausgelöst hatten.

Inzwischen rechnen die Märkte damit, dass die ausgesetzten US-Zölle auch gegen Europa nicht durchsetzbar sind.

US-Dollar verliert, Gold gewinnt

Trotz des vergrößerten Zinsvorteils des US-Dollars gegenüber dem Euro setzte die US-Währung ihren Abwärtstrend fort. Bevor Trump mit seinen Zollankündigungen die Märkte verunsicherte, hatte der US-Dollar Anfang Februar noch bei 1,02 USD/EUR notiert. Im April beschleunigte der fortschreitende Vertrauensverlust in die USA den Rückgang auf zeitweilig 1,157 USD/EUR.

Der Dollar-Verlust von über 13 Prozent binnen drei Monaten führte den Euro auf den höchsten Wert gegenüber dem US-Dollar seit 2021.

Eine Diagramm, das den Wert des Dollars in den letzten sechs Monaten zeigt. Er fiel von 1,05 Euro auf 0,89 Euro.

Der US-Dollar bleibt auf Talfahrt.

Gewinner des Vertrauensverlustes in die USA, seine Anleihen und seine Währung war das Gold. Der Goldpreis stieg auf neue Rekordhöhen und erreichte erstmals in seiner Geschichte den Wert von 3.500 US-Dollar pro Unze.

Im Blickpunkt: Echte Risikostreuung

Viele haben sich täuschen lassen. Als Donald Trump die Präsidentschaftswahlen in den USA im vergangenen November gewann, feierte die Wall Street dies mit Kursgewinnen.

Seine erste Präsidentschaft hatte mit Steuersenkungen und Deregulierung für steigende Unternehmensgewinne gesorgt. Von der Wiederwahl im vergangenen Jahr erhofften sich viele Ähnliches.

Böses Erwachen nach Rekord-Kursgewinnen

Und nicht nur amerikanische Aktienanleger glaubten an eine positive Wirkung von Trump auf die Börsen. Auch ausländische Investoren sahen sich in ihrer Entscheidung für US-Aktien bestätigt. Der seit Jahren anhaltende Zustrom ausländischen Kapitals an die US-Börse erreichte im vierten Quartal vergangenen Jahres, im Umfeld der Präsidentschaftswahlen, seinen Höhepunkt.

Der populäre Dow Jones Industrial Average Index erklomm am 4. Dezember Allzeithöchststände. Knapp zwei Monate später, Ende Januar und damit kurz nach dem Amtsantritt Trumps, unternahm der Markt einen Versuch, diese Marken zu übertreffen, kam aber nicht mehr entscheidend über 45.000 Punkte hinaus.

Spätestens mit dem sogenannten „Tag der Befreiung“ Anfang April, der Erklärung des Handelskrieges der USA gegen den Rest der Welt (mit Ausnahme Russlands), musste es an den Börsen zu einem Stimmungsumschwung kommen. In den Folgewochen verzeichneten US-Aktien, US-Staatsanleihen und der US-Dollar hohe Einbußen. Das bescherte Anlegern, die sich allzu sehr auf US-Investments konzentriert hatten, gleich doppelte Verluste. Für einen in Euro rechnenden Anleger verlor der US-Aktienmarkt binnen zwei Monaten rund 30 Prozent seines Wertes.

Wer, wie die einschlägigen Weltaktien-Indizes, mit zwei Dritteln seines Portfolios 30 Prozent Verlust erleidet, kann das nicht mit dem verbliebenen Drittel ausgleichen. Ein Klumpenrisiko, das erst jetzt vielen Anlegern bewusst wird. Gerade Anleger in ETFs auf Weltaktienindizes sind davon betroffen. Aber auch viele aktiv gemanagte Fonds haben sich zu einer sehr hohen Gewichtung der USA und des US-Dollars verleiten lassen.

Fazit

Eine neuerliche Eskalation der Handelskonflikte ist durchaus möglich. Ebenso dürften die Zweifel an der Bonität der USA und dem US-Dollar als Reservewährung früher oder später zunehmen. Das simple, aber sehr erfolgreiche Rezept der vergangenen 15 Jahre, einfach möglichst viel Geld in US-Aktien zu investieren, dürfte vor einer Bewährungsprobe stehen. Die „Wette auf die USA“ ist riskant geworden und sollte nicht mit zwei Dritteln oder gar drei Vierteln des investierten Kapitals eingegangen werden.

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